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Bestimmtes Signal für eine bessere Aufnahme: Claudia Lotter erhält für ihre Arbeit den vom HTZ gestifteten Swiss Nanotechnology PhD Award

SNC 2022 Preisverleihung C. Lotter

Marcus Morstein übergab im Namen des Hightech Zentrums Aargau den Swiss Nanotechnology PhD Award an Claudia Lotter. (Bild: T. Byrne)

Die ehemalige Nanowissenschafts-Studentin Claudia Lotter hat bei der Swiss NanoConvention 2022 den vom Hightech Zentrum Aargau gesponsorten PhD Award für eine Publikation in der Wissenschaftszeitschrift «European Journal of Pharmaceutics and Biopharmaceutics» erhalten. In dieser Veröffentlichung beschreibt sie als Erstautorin wie sich Lipid-Nanopartikel, die für die Gentherapie entwickelt werden, durch die Zusammensetzung der Lipide optimieren lassen.

Lipid-Nanopartikel, wie sie beispielsweise auch bei den m-RNA-Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 verwendet werden, wurden ursprünglich vor allem für einen Einsatz in der Gentherapie untersucht. Sowohl als Impfstoff als auch bei einer gentherapeutischen Anwendung ist es eine Grundvoraussetzung, dass die Lipid-Nanopartikel, in denen genetisches Material verpackt wird, von der Wirtszelle gut aufgenommen werden. Um eine effektive Aufnahme in die Wirtszellen zu gewährleisten, optimieren Forschende am Departement Pharmazeutische Wissenschaften der Universität Basel die Zusammensetzung der Lipidhüllen.

Die Natur bietet Lösungen
Wie so oft in der Nanotechnologie bietet die Natur Ideen, wie dies zu bewerkstelligen ist. So gibt es beispielsweise auf sterbenden Zellen Verbindungen, die Nachbarzellen signalisieren, die Bestandteile der sterbenden Zellen aufzunehmen. Das Phospholipid Phosphatidylserin ist ein solches Signalmolekül. In einer gesunden Zelle wird es aktiv im Zellinneren gehalten, bei einer sterbenden Zelle ist es dann auf der Oberfläche zu finden und kommt so zum Einsatz. Auch Viren haben Phosphatidylserin-Moleküle auf ihrer Oberfläche und gelangen damit in die Wirtszelle, die nach der Aufnahme beginnt die Virenbestandteile zu produzieren.

Basierend auf diesen Vorgängen in der Natur kam Dr. Tomaž Einfalt (ehemals SNI-Doktorand in  den Gruppen der Professoren Palivan und Huwyler und jetzt Laborleiter bei Novartis) auf die Idee, Phosphatidylserin in Lipid-Nanopartikel zu integrieren und so den Transport von genetischem Material in die Zielzelle zu verbessern. Claudia Lotter, die an der Universität Basel Nanowissenschaften studiert hat, verwirklichte diesen Ansatz in ihrer Masterarbeit. Sie beendete die Untersuchungen in ihrem ersten Jahr der Doktorarbeit und bekam jetzt für die daraus entstandene Publikation im «European Journal of Pharmaceutics and Biopharmaceutics» den Swiss Nanotechnology PhD Award 2022 verliehen.

Ideale Konzentration gefunden
In dieser Arbeit zeigte Claudia, dass die Integration von Phospatidylserin in die Lipidhülle der Nanopartikel die Übertragung von RNA und DNA in Zellkulturen um das 10-fache steigern kann. «Dabei liegt die optimale Konzentration des Phosphatidylserins bei 2 – 7% in Bezug auf die Gesamtlipidkonzentration», erklärt Claudia. «Steigt die Konzentration des integrierten Phospatidylserins, verringert sich der positive Aufnahmeeffekt wieder.»

Mit der Arbeit konnten Claudia und ihre Co-Autoren zeigen, dass der Einbau definierter Mengen an Phospatidylserin in Lipid-Nanopartikel neue Wege für eine effiziente Gentherapie aufzeigt, die auf andere therapeutische Systeme ausgeweitet werden können.

Spezifische Aufnahme
In ihrer Doktorarbeit befasst sich Claudia inzwischen mit einem weiteren Aspekt der Gentherapie – dem sogenannten Targeting. Hier ist das Ziel bestimmte Marker auf der Oberfläche der Nanopartikel zu platzieren, damit die Partikel nur von ganz bestimmten Zellen aufgenommen werden. «Im Fokus stehen dabei bestimmte Brustkrebszellen, die in grossem Masse den humanen epidermalen Wachstumsfaktor 2 (HER2) besitzen», beschreibt sie. «Gelänge eine selektive Aufnahme von genetischem Material dieser Krebszellen, wäre eine Gentherapie für diese Brustkrebsart denkbar. Und auch das ist ein Ansatz, der sich für andere bösartige Tumore anwenden liesse.»

Bis dahin ist es allerdings noch ein langer Weg. Wenn Claudia ihre Doktorarbeit abgeschlossen hat, möchte sie gerne so eine Entwicklung bis zum Ziel weiterverfolgen. «Ich kann mir gut vorstellen, in einem Start-up oder in der Industrie an der Entwicklung von Gentherapien mitzuwirken», sagt sie.

Interdisziplinäre Ausbildung
Mit ihrem Hintergrund als Nanowissenschaftlerin ist sie sicher bestens geeignet für einen derartigen Schritt. Im interdisziplinären Nanowissenschafts-Studium an der Universität Basel hat sie eine breite naturwissenschaftliche Grundlage erhalten und gelernt mit Forschenden verschiedener Disziplinen zu interagieren. Jetzt während ihrer Doktorarbeit bekommt sie das notwendige pharmazeutische Wissen.

Für Claudia war das Studium eine anstrengende aber sehr wertvolle Zeit. «Die viele Arbeit war es wert», erzählt sie im Interview. «Der Zusammenhalt unter den Nano-Studierenden war wirklich sehr gut und ich habe gelernt, dass man nicht alles alleine schaffen muss, sondern im Team sehr viel mehr erreichen kann.»

Nach dem Bachelor-Studium hatte sie lange Zeit überlegt an die ETH nach Zürich zu wechseln, sich dann aber doch für den Master in Nanowissenschaften mit dem Schwerpunkt Molekularbiologie entschieden. Sie bereut ihre Entscheidung nicht, da sie während ihres Studiums nicht nur viel gelernt, sondern auch Freunde fürs Leben gefunden hat.

«Bei der Erforschung und Entwicklung von Medikamenten spielt die Nanotechnologie eine zunehmend wichtige Rolle. Im Zentrum des Projektes von Claudia Lotter stehen deshalb neuartige Wirkstoffträger, die für eine Gentherapie eingesetzt werden können. Claudia hat im Rahmen ihrer Doktorarbeit eindrücklich gezeigt, dass die Lipidzusammensetzungen dieser Nanomaterialien die Interaktion mit biologischen Systemen massgeblich beeinflusst. Wir sind so in der Lage neue Strategien für eine Gentherapie zu entwickeln.»

Professor Jörg Huwyler, 
Departement Pharmazeutische, Wissenschaften, Universität Basel

Weitere Informationen:

Forschungsgruppe Jörg Huwyler
Publikation in European Journal of Pharmaceutics and Biopharmaceutics