/ News

Neue Technik für die Laserkühlung von Membranen

Im Basler Experiment wird in Laserstrahl auf eine Membran (Quadrat in der Mitte) gerichtet. Mit dem reflektierten und durch ein Glasfaserkabel (violett) verzögerten Laserlicht wird die Membran dann auf weniger als ein Tausendstel Grad über dem absoluten Nullpunkt abgekühlt. (Illustration: Universität Basel, Departement Physik)

Im Basler Experiment wird in Laserstrahl auf eine Membran (Quadrat in der Mitte) gerichtet. Mit dem reflektierten und durch ein Glasfaserkabel (violett) verzögerten Laserlicht wird die Membran dann auf weniger als ein Tausendstel Grad über dem absoluten Nullpunkt abgekühlt. (Illustration: Universität Basel, Departement Physik)

Forschenden der Universität Basel ist es gelungen, mit einer neuen Technik eine kleine Membran nur mit Hilfe von Laserlicht auf eine Temperatur nahe dem absoluten Nullpunkt abzukühlen. Solche extrem gekühlten Membranen könnten zum Beispiel in hochempfindlichen Sensoren zum Einsatz kommen.

Schon vor mehr als 400 Jahren erdachte der deutsche Astronom Johannes Kepler Sonnensegel, mit denen Schiffe durch das Weltall segeln könnten. Er vermutete nämlich, dass Licht eine Kraft ausübt, wenn es von einem Gegenstand reflektiert wird. Damit erklärte er auch, warum Kometenschweife von der Sonne weg zeigen.

Heutzutage benutzen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Lichtkraft unter anderem, um Atome und andere Teilchen abzubremsen und zu kühlen. In der Regel braucht man dazu aufwändige Apparaturen. Einem Forschungsteam der Universität Basel um Prof. Dr. Philipp Treutlein und Prof. Dr. Patrick Potts ist es nun gelungen, nur mit Hilfe von Laserlicht eine hauchdünne Membran auf eine Temperatur nahe dem absoluten Nullpunkt von minus 273.15 Grad Celsius abzukühlen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie kürzlich im Wissenschaftsjournal Physical Review X.

Rückkopplung ohne Messung
«Das Besondere an unserer Methode ist, dass wir diesen Kühleffekt erreichen, ohne dass wir irgendeine Messung durchführen müssen», sagt Physikerin Maryse Ernzer, Doktorandin und Erstautorin des Forschungsartikels. Eine Messung, wie sie normalerweise in einem Rückkopplungs-Regelkreis nötig ist, führt nach den Regeln der Quantenmechanik zu einer Änderung des Quantenzustands und damit zu Störungen. Um das zu vermeiden, entwickelten die Basler Forschenden einen so genannten kohärenten Regelkreis, in dem das Laserlicht gleichzeitig als Sensor und als Dämpfer zum Einsatz kommt. Damit dämpften und kühlten sie die thermischen Schwingungen einer aus Siliziumnitrat bestehenden, etwa einen halben Millimeter grossen Membran.

In ihrem Experiment richteten sie einen Laserstrahl auf die Membran und speisten das von der Membran reflektierte Licht in ein Glasfaserkabel. Durch die Schwingungen der Membran wurde die Schwingungsphase des reflektierten Lichts dabei leicht verändert. Die in dieser Schwingungsphase enthaltene Information über den augenblicklichen Bewegungszustand der Membran wurde nun mit zeitlicher Verzögerung dazu benutzt, um mit demselben Laserlicht eine genau dosierte Kraft zum richtigen Zeitpunkt auf die Membran auszuüben. «Dies kann man sich in etwa so vorstellen, als bremste man eine Schaukel ab, indem man im richtigen Moment mit den Füssen kurz den Boden berührt», erklärt Ernzer. Um die optimale Verzögerung von etwa 100 Nanosekunden zu erreichen, verwendeten die Forschenden ein 30 Meter langes Glasfaserkabel.

Nahe dem absoluten Nullpunkt
«Professor Potts und seine Mitarbeitenden haben eine theoretische Beschreibung der neuen Technik entwickelt und berechnet, mit welchen Einstellungen wir die niedrigsten Temperaturen erreichen sollten; das hat sich dann auch im Experiment bestätigt», sagt Dr. Manel Bosch Aguilera, der als Postdoktorand an der Studie beteiligt war. Ihm und seinen Kolleginnen und Kollegen gelang es, die Membran auf 480 Mikrokelvin abzukühlen – weniger als ein Tausendstel Grad über dem absoluten Temperatur-Nullpunkt.

    ls nächsten Schritt wollen die Forschenden das Experiment so weit verbessern, dass die Membran die niedrigstmögliche Temperatur erreicht – also den quantenmechanischen Grundzustand der Membranschwingungen. Danach sollte es auch möglich sein, so genannte gequetschte Quantenzustände der Membran herzustellen. Solche Zustände sind vor allem für Anwendungen in Sensoren interessant, da sie eine höhere Messgenauigkeit erlauben. Unter anderem könnten derartige Sensoren in Rasterkraftmikroskopen zum Einsatz kommen, mit denen Oberflächen mit Nanometer-Auflösung abgetastet werden können.

    Originalpublikation
    Maryse Ernzer, Manel Bosch Aguilera, Matteo Brunelli, Gian-Luca Schmid, Thomas M. Karg, Christoph Bruder, Patrick P. Potts, and Philipp Treutlein
    Optical Coherent Feedback Control of a Mechanical Oscillator
    Physical Review X (2023), doi: 10.1103/PhysRevX.13.021023

    Weitere Informationen
    Forschungsgruppe Prof. Dr. Philipp Treutlein
    Forschungsgruppe Prof. Dr. Patrick Potts