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Neues Prinzip für Antikörpertests: Thomas Mortelmans bekommt den von Sensirion gesponsorten Swiss Nanotechnology PhD Award
Der ehemalige Doktorand der SNI-Doktorandenschule Dr. Thomas Mortelmans hat im Rahmen der Swiss NanoConvention 2022 einen der fünf PhD Awards verliehen bekommen. Er erhielt diese von Sensirion gestiftete Auszeichnung für eine Publikation als Erstautor in dem Wissenschaftsjournal «ACS Applied Nanomaterials». Thomas beschreibt in diesem Paper die Entwicklung eines neuartigen Funktionsprinzips für COVID-19-Schnelltests, mit dem sich auch andere Viren wie Influenza A nachweisen lassen oder der Status der Krankheit bestimmt werden kann.
In den letzten Jahren haben fast alle von uns immer wieder Schnelltest durchgeführt, um herauszufinden, ob wir uns mit SARS-CoV-2 infiziert haben. Die auf dem Markt erhältlichen Antigen-Schnelltests sind jedoch nicht immer zuverlässig und zeigen selbst bei einer hoher Viruslast manchmal kein positives Ergebnis, wie eine Studie des Paul-Ehrlich-Instituts in Deutschland belegt hat. Zudem ist die Aussage dieser Tests immer nur ein Ja oder Nein und liefert keine Information über den Status oder den Verlauf der Erkrankung.
Der von Thomas Mortelmans im Rahmen seiner Doktorarbeit an der SNI-Doktorandenschule entwickelte Test funktioniert nach einem anderen Prinzip. Er detektiert nicht bestimmte Virusbestandteile, sondern Antikörper, die das menschliche Immunsystem als Folge einer Infektion mit dem Virus bildet. Da sich die Antikörper im Laufe der Infektion verändern und auch ihre Zahl vom Krankheitsverlauf abhängig ist, liefert der Test weitere nützliche Information. Zudem lassen sich mit dem von Thomas entwickelten Testprinzip auch Antikörper gegen andere Erkrankungen nachweisen.
Sensitiv und ohne grossen technischen Aufwand durchzuführen
«Der Test könnte theoretisch in einer Arztpraxis ohne grossen technischen Aufwand durchgeführt werden», erläutert Thomas Mortelmans. «Benötigt wird nur ein Tropfen Blut des Patienten. Die Blutprobe wird mit einer speziell hergestellten Flüssigkeit vermischt. Sie enthält zum einen Nanopartikel, deren Oberflächen denen der Corona-Viren stark ähneln, zum anderen noch kleinere fluoreszierende Partikel, die selektiv an die Antikörper der Patienten binden.»
Wenn die Blutprobe COVID-19-spezifische Antikörper enthält, erkennen diese die ähnliche Oberfläche auf der Oberseite der Nanopartikel und binden daran. Diese Anhaftung wird mit Hilfe der fluoreszierenden Partikel sichtbar gemacht, die spezifisch an die Patienten-Antikörper binden.
Die so aufgearbeitete Blutprobe wird anschliessend auf eine Plexiglasscheibe getropft, in die nach einem ausgeklügelten Schema vorab Nanokanäle geätzt wurden. Die Kanäle haben in ihrem Verlauf einige sehr enge Stellen und besitzen aufgrund der speziell entwickelten Form einen starken Kapillareffekt, der dafür sorgt, dass die Probe ohne technische Hilfsmittel vom Anfang bis zum Ende gezogen wird. «Bei der Passage durch die Nanokanäle bleiben die Antikörper-Nanopartikel-Aggregate an besonders engen Stellen hängen», erklärt Thomas. «Dank der fluoreszierenden Anhängsel könnte ein Arzt dies unter einem Mikroskop beobachten und auf diese Weise einen sensitiven Nachweis der Infektion erhalten.»
«Anhand der Signalstärke lässt sich dann noch erkennen, ob das Immunsystem gut reagiert, ein milder oder schwerer Verlauf zu erwarten ist», fügt Dr. Yasin Ekinci, Leiter des Labors für Röntgen-Nanowissenschaften und -Technologien am Paul Scherrer Institut (PSI), der das Projekt mitbetreut hat, hinzu.
Prinzip auf andere Tests anwendbar
Bei diesem Testprinzip liessen sich auch Nanopartikel hinzufügen, die an andere Antikörper binden und sich in der Grösse unterscheiden. «Sie bleiben dann an einer anderen Stelle der Kapillare «stecken» und wir können so eine weitere Erkrankung mit derselben Probe nachweisen», beschreibt Thomas. In der prämierten Publikation in «ACS Applied Nanomaterials» hat Thomas mit Influenza A-Viren gezeigt, dass solch eine Kombination von Tests möglich ist.
Trotz der positiven Ergebnisse sieht es im Augenblick so aus, als ob das System als Corona-Test wegen fehlender Erstattung durch die Krankenkassen nicht weiterentwickelt wird. «Wichtig ist aber, dass wir mit unserer Arbeit belegen konnten, dass diese Art von Tests funktioniert, um verschiedene Krankheiten zu untersuchen. Ohne Probleme liessen sich zehn verschiedene Erkrankungen gleichzeitig testen und durch verschiedene Farben schnell und zuverlässig nachweisen», führt Thomas aus.
Ursprünglich für Mitochondrien gedacht
Als Thomas 2018 mit seiner Dissertation an der SNI-Doktorandenschule begonnen hat, lag der Fokus zunächst noch nicht auf dem Nachweis von SARS-CoV-2. Die beiden Projektleiter Dr. Yasin Ekinci (PSI) und Professor Dr. Henning Stahlberg (damals Universität Basel, heute EPFL) hatten im Rahmen der SNI-Doktorandenschule einen Projektantrag eingereicht, mit dem Ziel eine diagnostische Mikrofluidik-Methode für die Parkinson’sche Krankheit zu entwickeln. Dabei ging es ihnen um die Quantifizierung und Grössenbestimmung von Mitochondrien, da es einen engen Zusammenhang zwischen dieser neurodegenerativen Erkrankung und der Grösse und Zahl von Mitochondrien in den betroffenen Zellen gibt.
Ungefähr zur gleichen Zeit war Thomas Mortelmans in Belgien auf der Suche nach einer Anstellung als Doktorand im Bereich Biomedizin. «Ich hatte gerade meine Masterarbeit an der Hasselt University (Belgien) abgeschlossen und war offen für eine neue Herausforderung», erinnert er sich. «Bei meiner Internetsuche nach einer interdisziplinären Doktorarbeit erschien ganz oben die SNI-Doktorandenschule mit diesem Projekt», fügt er hinzu. «Ich war gleich sehr angetan von der Beschreibung, bewarb mich und bekam auch bald eine Zusage.»
Die Ausrichtung des Testsystems auf SARS-CoV-2 kam dann im Verlauf der Arbeit Anfang 2020, als Hennig Stahlberg die Universität Basel verlassen hatte und aus China die ersten Corona-Fälle bekannt wurden. «Zwar habe ich dadurch ein paar Monate verloren, aber es war doch auch sehr spannend an einem so aktuellen Thema zu arbeiten», erzählt Thomas.
Nächster Karriereschritt in der Pharmaindustrie
Im Juli 2022 erhielt Thomas dann den von der Firma Sensirion gestifteten Swiss Nanotechnology PhD Award für die Publikation, in der er als Erstautor das Testsystem beschrieben hat. Fast zeitgleich schloss er auch seine Dissertation mit der Bestnote ab. Seit September 2022 arbeitet er nun als Trainee bei Johnson & Johnson in Schaffhausen und lernt gerade die verschiedenen Bereiche eines globalen Pharmaunternehmens kennen.
In seiner jetzigen Rolle als StepIn Trainee wird er in drei verschiedenen Abteilungen des J&J-Standorts in Schaffhausen arbeiten. Zurzeit unterstützt er das Operational Support Team der Abteilung Optical Inspection, Device Assembly and Packaging bei verschiedenen Aufgaben, die von der Datenanalyse über die Risikobewertung bis hin zur Projektentwicklung reichen. Im Rahmen dieses Rotationsprogramms lernt er eine Menge neuer Technologien und Methoden kennen. «Das setzt voraus, dass ich mich in der Kommunikation mit Menschen unterschiedlichen Bildungshintergrunds wohlfühle. Und das ist vergleichbar mit der Arbeit als Doktorand am SNI, wo wir im Rahmen eines interdisziplinären Projekts eine Brücke zwischen verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen schlagen», berichtet Thomas.
Eine wertvolle Zeit
Rückblickend hatte Thomas eine tolle Zeit am Paul Scherrer Institut und in der SNI-Doktorandenschule. «Ich habe die interdisziplinäre Zusammenarbeit sehr genossen. Die Events wie die Winter School und der Annual Event des SNI waren wirkliche Highlights, bei denen ich viel über andere Themengebiete gelernt habe und dadurch nun in der Lage bin, Probleme aus verschiedenen Richtungen zu betrachten», berichtet er. Und auch die Zugehörigkeit zu zwei Institutionen und zwei Arbeitsgruppen am PSI und an der Universität Basel war für ihn kein Problem, sondern eher Bereicherung.
Weitere Informationen:
Medienmitteilung über Publikation in ACS Applied Nanomaterials
Video über die Publikation
Publikation in ACS Applied Nanomaterials
Video mit Thomas Mortelmans über die SNI-Doktorandenschule