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Per Magnus Kristiansen trägt mit seinem Engagement im Nano-Argovia-Programm zu SNI-Erfolgen bei

Magnus Kristiansen

Einer der aktivsten Wissenschaftler im Nano-Argovia-Programm der letzten Jahre ist Professor Per Magnus Kristiansen. Der in der Schweiz aufgewachsene Schwede ist seit 2009 Professor für Polymer-Nanotechnologie an der Fachhochschule Nordwestschweiz, Hochschule für Technik in Windisch und seit 2011 stellvertretender Leiter des Institutes für nanotechnische Kunststoffanwendungen (INKA). Sein Spezialgebiet ist die Mikro- und Nanostrukturierung von Kunststoffoberflächen. Die möglichen Anwendungen solcher funktionellen Oberflächenstrukturen sind dabei sehr vielfältig, wie allein die acht verschiedenen Argovia-Projekte zeigen, an denen er bisher beteiligt war.

Der goldene Mix

Per Magnus Kristiansen interessierte sich schon als Jugendlicher für Naturwissenschaften und Mathematik. So lag es für ihn am Ende seiner Schulzeit in Kilchberg (Zürich) nahe, diese Fächer in die nähere Auswahl für ein Studium einzubeziehen. Den Entscheid für das Studium zum Werkstoffingenieur begründet er mit dem «goldenen Mix» seiner damaligen Interessen. Er erhielt an der ETH Zürich eine breite Ausbildung und sammelte als Hilfsassistent am Institut für Polymertechnologie erste praktische Erfahrungen mit Kunststoffen. Nach seinem Abschluss im Jahr 2000 entschied er sich, der Forschung treu zu bleiben und im Bereich der Kunststofftechnik zu promovieren. Der Zufall wollte es, dass am Institut für Polymertechnologie der ETH Zürich ein anwendungsorientiertes Projekt in Zusammenarbeit mit der Universität Bayreuth und der Ciba Spezialitätenchemie auf einen kreativen Geist wartete. Seine vierjährige Dissertation über die Transparenzverstärkung von Polypropylen lieferte nicht nur wissenschaftliche Erkenntnisse, die mittlerweile in Textbüchern nachzulesen sind, sondern auch ein neues Ciba-Produkt (Clarifier auf Basis von supramolekularen Trisamiden). Bereits ein halbes Jahr vor Abschluss der Doktorarbeit wurde Magnus Kristiansen von Ciba ein Jobangebot unterbreitet, um den Know-how Transfer zu gewährleisten und die erfolgreiche Forschung zu dieser neuen Stoffklasse in-house fortzusetzen. Vor dem Start in den Berufsalltag blieb ihm und seiner Frau jedoch noch Zeit für eine dreimonatige Auszeit in Australien.

Traumjob in Windisch

Nach zwei Jahren intensiver Anwendungsforschung im Bereich supramolekularer Trisamide wechselte Magnus Kristiansen im Jahr 2006 in die Anwendungstechnik und beschäftigte sich dort mit klassischen Additiven (Lichtschutz, Antioxidantien, Flammschutzmittel) und Effektadditiven (z.B. Kratzschutzmittel) für die Automobilindustrie. Bereits vor der Übernahme der Ciba Spezialitätenchemie durch die BASF zeichnete sich für ihn ab, dass die Zeit für eine neue Herausforderung gekommen war. Das Inserat der Fachhochschule Nordwestschweiz «Professor für Polymer-Nanotechnologie» kam zum rechten Zeitpunkt und schien für ihn wie massgeschneidert. Ein knappes Jahr später begann er im Herbst 2009 seinen «Traumjob» an der Hochschule für Technik der FHNW.

Vielfältige Aufgaben und Projekte

«In Windisch wartete bereits ein gefüllter Rucksack mit Verpflichtungen auf mich», erinnert sich Magnus Kristiansen. Vorlesungen halten, Studierende bei Studien- und Projektarbeiten betreuen, Forschungsprojekte initiieren und vor allem auch Drittmittel eintreiben – die Palette der Aufgaben war von Beginn an vielfältig. Daneben galt es für Magnus Kristiansen und sein Team auch die nötigen Werkzeuge und Replikationstechnologien für die Strukturierung von Kunststoffoberflächen stetig und mit Weitsicht weiter zu entwickeln. Betritt man heute seine Labors am INKA wird klar, wie vielfältig die Fragestellungen sind, mit denen die Forschenden hier tagtäglich konfrontiert werden. Allein die acht verschiedenen Argovia-Projekte, an denen Magnus Kristiansen bisher beteiligt war, zeigen anschaulich, welche faszinierenden Anwendungen strukturierte und funktionalisierte Kunststoffoberflächen bieten können.

So lassen sich beispielsweise Sicherheitsmerkmale auf Ausweiskarten herstellen (Ghost Image) oder Raumluftfilter optimieren, indem die Fasern elektrostatisch aktiv gemacht werden und dadurch feinere Partikel filtern (Filtrelec). Die Oberfläche von Knochenplatten, die in der Schädel- und Kieferchirugie eingesetzt werden, lässt sich so strukturieren, dass der Körper die Kunststoffimplantate besser annehmen kann (Patcell). Die Untersuchung von neuartigen Nanoadditiven als Beimischung für isolierende Kunststoffe (NAPOHIC) stand bei Magnus Kristiansen in den letzten Jahren ebenso auf dem Programm wie neue lithografische Methoden zur Herstellung von Chips (VERSALITH) oder der Einsatz von Elektronenstrahl-Emittern zur chemischen Modifikation von Oberflächen, damit diese verschiedenste Flüssigkeiten abperlen lassen (RepAll).

Magnus Kristiansen begrüsst die Möglichkeit sich neben anderen Projekten auch am Nano-Argovia-Programm des SNI beteiligen zu können: «Die Argovia-Projekte sind eine gute Ergänzung zu Industrie-, KTI- und Aargauer-Forschungsfond-Projekten, da sie einen starken Forschungscharakter besitzen und uns erlauben, wirklich neue Weg zu beschreiten.»

Veröffentlichung nicht immer einfach

Die meisten Forschungsprojekte in Magnus Kristiansens Team werden in enger Zusammenarbeit mit der Industrie durchgeführt. Anders als im Nano-Argovia-Programm, über das jedes Jahr im SNI-Jahresbericht berichtet wird, ist es bei manchen Projekten gar nicht so leicht, die Ergebnisse nach Abschluss zu veröffentlichen. So hat Magnus Kristiansen mit seinen Kollegen beispielsweise einen Mikrofluidik-Chip entwickelt, der verschiedene Analysen mit kleinsten Probemengen erlaubt. Die Forschungsarbeit wurde vom Auftraggeber direkt finanziert und unterliegt noch bis Ende Juni 2016 strikter Geheimhaltung, obwohl dieser Chip bereits seit 3 Jahren produziert und vermarktet wird. Die Möglichkeit erfolgreiche Projekt als Türöffner für neue Kollaborationen zu nutzen wird dadurch natürlich erschwert, braucht Geduld und teils einen langen Atem.

«Die wahre Kunst besteht jedoch darin, wissenschaftliche Fragestellungen gezielt im Projektkontext unterzubringen und die Resultate so zu extrahieren, dass sie ohne Verletzung der Geheimhaltung trotzdem publiziert werden können», bemerkt Magnus Kristiansen.

Kritisch sein und offen für Neues

Magnus Kristiansen würde sich jederzeit wieder auf seine heutige Stelle bewerben. «Meine Arbeit ist nie langweilig. Mit jedem Projekt betreten wir zu einem gewissen Teil Neuland und lernen immer mehr und Neues dazu», kommentiert er. Es bereitet ihm sichtlich Spass auch seine Studierenden dazu zu animieren, kritisch zu sein, Dinge zu hinterfragen und neue Ansätze zu wagen. Es ist ihm und seinen Kollegen in den letzten Jahren gelungen, das von Professor Jens Gobrecht und ihm geleitete INKA über die Grenzen der Schweiz hinaus bekannt zu machen und sowohl erfolgreiche angewandte Projekte mit der Industrie durchzuführen wie auch wissenschaftliche Publikationen auf dem Gebiet der Strukturabformung zu veröffentlichen, die zum allgemeinen guten Renommee des Instituts beitragen. Magnus Kristiansen sieht daher jetzt auch die Zeit gekommen, um an EU-Projekten teilzunehmen. «Das Förderprogramm Horizon 2020 ist sehr anwendungsorientiert und kommt daher den Fachhochschulen entgegen», kommentiert er.

Bei allem Engagement und Begeisterung für die verschiedenen Anwendungen von strukturierten Kunststoffen, hat Magnus Kristiansen auch ein erfülltes Privatleben. Er geniesst die Zeit mit seinen drei kleinen Kindern im Alter von vier bis sechs. Und obwohl die Zeit nicht mehr wie früher reicht, um viermal pro Woche zu trainieren, bietet das regelmässige Shaolin Kung Fu-Training und die chinesische Meditationstechnik Qigong für ihn einen perfekten Ausgleich.