Theorie für die Praxis

Ab Februar 2019 wird Jelena Klinovaja Associate Professor am Departement Physik der Universität Basel – Grund genug die junge Professorin, die sich mit Physik der Kondensierten Materie beschäftigt, dem SNI-Netzwerk etwas näher vorzustellen.

Jelena Klinovaja

Jelena Klinovaja fühlt sich wohl an der Universität Basel und geniesst die enge Zusammenarbeit mit ihren Kolleginnen und Kollegen, die sich ebenfalls mit theoretischen Fragestellungen oder der experimentellen Umsetzung beschäftigen.

Jelena Klinovaja war schon als Kind von Mathematik und Physik begeistert und hat an zahlreichen Wettbewerben und Olympiaden erfolgreich teilgenommen. Da ihr bei mathematischen Themen jedoch der Bezug zur Anwendung oft fehlte, begann sie im Jahr 2003 in Moskau Theoretische Physik an der renommierten PhysTech zu studieren. 2009 kam sie nach Abschluss ihres Masters nach Basel, um bis 2012 in der Gruppe von Professor Daniel Loss ihre Doktorarbeit zu schreiben, die sie mit summa cum laude in nur drei Jahren abschloss. Sie beschäftige sich dabei mit der relativistischen Spin-Bahn-Kopplung und Supraleitung verschiedener Nanomaterialien. Für diese Doktorarbeit erhielt sie 2013 den von IBM gestifteten Preis der Schweizerischen Physikalischen Gesellschaft für hervorragende Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Kondensierten Materie. Ein Stipendium der Harvard University (Cambridge, USA) ermöglichte ihr nach Abschluss der Dissertation, in Harvard theoretische Untersuchungen zur Quantenphysik der Kondensierten Materie weiter zu betreiben.

Die Wahl fiel auf Basel
Für den nächsten Schritt einer Assistenzprofessur hatte Jelena Klinovaja dann drei Optionen. Sie konnte zwischen der University of Chicago, der EPF in Lausanne und der Universität Basel wählen. «Für mich war ausschlaggebend, dass in Basel eine exzellente Zusammenarbeit zwischen theoretischer Forschung an Kondensierter Materie mit hervorragenden experimentellen Gruppen möglich ist», begründet die Wissenschaftlerin ihre Entscheidung für die Universität Basel. 2014 kam sie daher als tenure-track Assistenzprofessorin zurück ans Departement Physik.

Dank eines ERC Starting Grants, den sie 2017 erhalten hat, der Beteiligung am NCCR QSIT und Geldern des SNF konnte sie inzwischen eine beachtenswerte internationale Gruppe mit zwei Doktoranden und fünf Postdocs aufbauen. Zusammen mit ihren Mitarbeitern und in enger Kooperation mit der Gruppe von Daniel Loss arbeitet Jelena an Themen, die zur Entwicklung eines Quantencomputers führen sollen. Das Ziel ist es Speicherbausteine (Qubits) zu entwickeln, die unempfindlicher sind gegenüber Störungen von aussen als andere Qubit-Kandidaten. Jelena Klinovaja stellt dazu theoretische Vorhersagen und Berechnungen über verschiedenste Modelsysteme an, die den experimentellen Physikern höhere Chancen für den Erfolg einräumen.

Jelena Klinovaja

Erfolge dank theoretischer Überlegungen
Eine Möglichkeit für stabilere Speicherbausteine sind beispielsweise exotische Teilchen wie Majorana-Fermionen. Diese vor mehr als 70 Jahren von dem italienischen Physiker Ettore Majorana theoretisch vorhergesagten Teilchen haben ganz besondere Eigenschaften, die sie als vielversprechende Kandidaten für sogenannte topologische Qubits ins Gespräch bringen. Allerdings ist allein schon der Nachweis der Majoranas schwierig und anfänglich ein Glückspiel, wie Jelena Klinovaja erklärt. Die theoretischen Überlegungen und Vorhersagen, welche Materialien unter welchen Bedingungen einzusetzen sind, machen Erfolge bei der Suche nach den Teilchen jedoch wahrscheinlicher. So konnte aufgrund der Zusammenarbeit mit den Klinovaja- und Loss-Teams die Gruppe von Professor Ernst Meyer (Departement Physik, Universität Basel) Versuchsbedingungen so kombinieren, dass es ihnen gelang, am Ende von Nanodrähten, die aus einzelnen Eisenatomen bestehen, Majorana-Fermionen zu erzeugen, zu beobachten und darzustellen.

Es ist genau diese Zusammenarbeit zwischen Theorie und Experiment, die Jelena Klinovaja motiviert hat, nach Basel zurückzukommen und die ihr sichtlich Freude bereitet. «Wir haben hier am Departement exzellente Experimentalphysiker, die wir mit unseren theoretischen Überlegungen unterstützen können. Ich bin sehr glücklich hier in diesem stimulierenden Umfeld», bemerkt sie.

Aufbau eines Netzwerks
Um einen Überblick zu bekommen, an welchen Themen die verschiedenen Gruppen arbeiten, Diskussionen anzuregen und zu fördern, organisiert sie im Departement Physik ein wöchentliches Lunchseminar, bei dem Doktoranden und Postdocs die Möglichkeiten bekommen, über ihre Forschung zu berichten. «Es ist wichtig für mich als junges Mitglied des Departements Kontakte zu knüpfen und ein Netzwerk aufzubauen. Wir können hier in-house voneinander lernen, wie es sonst nur auf Konferenzen möglich ist», erläutert die junge engagierte Professorin.

Aus diesem Grund ist Jelena Klinovaja auch seit zwei Jahren Mitglied des SNI, ohne bisher an einem Projekt beteiligt zu sein. Das ist aber nur eine Frage der Zeit, denn ihre theoretische Forschung ist eingebettet in hochaktuelle Fragestellungen, die auf dem Weg zum Quantencomputer gelöst werden müssen und die sich für Projekte in der SNI-Doktorandenschule anbieten.