Interesse an grundlagenwissenschafllicher und angewandter Forschung – Patrick Maletinsky wird neuer SNI-Vizedirektor
Vor zehn Jahren kam Patrick Maletinsky als Georg-H.-Endress-Stiftungsprofessor für Experimentalphysik an die Universität Basel. Ab August wird er Vizedirektor des SNI. In dieser Position wird er den neuen Direktor Martino Poggio unterstützen und einspringen, wenn dieser verhindert sein sollte. Zudem übernimmt Patrick Maletinsky in der SNI-Leitung die Verantwortung für das angewandte Nano-Argovia-Programm des SNI.
Schon lange mit dem SNI verbunden
Obwohl Patrick Maletinsky erst knapp über 40 Jahre alt ist, gehört er bereits zu den «alten Hasen» im Netzwerk des SNI. Seine Dissertation, die er in der Gruppe von Professor Atac Imamoglu an der ETH Zürich schrieb, wurde von der Vergängerinstitution des SNI, dem Nationalen Forschungsschwerpunkt Nanowissenschaften, finanziert. Patrick untersuchte dazu Kernspins in Quantenpunkten und deren Wechselwirkungen mit Elektronen mithilfe optischer Methoden.
Für die anschliessende Postdoc-Zeit kehrte der gebürtige Aargauer der Nanoforschung in der Schweiz für drei Jahre den Rücken und ging an die Harvard University in Cambridge (MA, USA) in die Gruppe von Professor Amir Yacoby. Er begann dort seine Forschung mit winzigen Sensoren, die quantenmechanische Effekte nutzen und auf Defektzentren in Diamanten basieren.
Dabei nutzen die Forschenden den Spin einzelner Elektronen, die in den Defektzentren kreisen. Der Spin reagiert empfindlich auf magnetische und elektrische Felder in seiner Umgebung, was sich mithilfe verschiedener Messmethoden erfassen lässt und Rückschlüsse über die Felder zulässt. Diese Sensoren werden dann mit Rastersondenmikroskopen kombiniert und können die Oberfläche einer Probe detailgenau abrastern.
Vor zehn Jahren Start in Basel
Als Patrick 2012 als Georg-H.-Endress-Assistenzprofessor ans Department Physik nach Basel kam, war sein Ziel eine innovative Forschungsgruppe aufzubauen, die diesen Ansatz weiterverfolgt und Quantensensoren entwickelt, mit der sich kleinste Magnetfelder mit nanoskaliger Auflösung untersuchen lassen.
Dieses Ziel hat er erreicht. Er betreut ein grossartiges Team mit zurzeit sechszehn Forschenden. Die von ihnen entwickelte Technologie hat sich in verschiedenen Gebieten etabliert, die auf die genaue Analyse von Magnetfeldern angewiesen sind.
«Wir haben etwa fünf Jahre gebraucht, um die Technologie so weiter zu entwickeln, dass wir sie für die Untersuchung unterschiedlicher Nanomaterialien anwenden können», erläutert Patrick Maletinsky. «Nur mit unserer Technologie ist es beispielsweise möglich den äusserst schwachen Magnetismus antiferromagnetischer Materialien und zweidimensionaler magnetischer Systeme auf der Nanoskala darzustellen.»
Für die Erforschung zweidimensionaler Magnete hat er 2019 einen ERC Consolidator Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) erhalten. Im Rahmen dieses Projekts untersucht er atomar dünne magnetische Systeme mit dem Ziel, ein besseres, fundamentales Verständnis dieser Materialien zu erzielen und sie für Anwendungen in der Spintronik einzusetzen. Mit seinem neuen, internationalen quantERA Kollaborationsproject SensExtreme ist Patrick Maletinsky zurzeit bestrebt, die Anwendungen seiner Quantensensoren unter extremen Bedingungen wir ultrahohen Drücken und ultrakalten Temperaturen zu etablieren, wo sie einzigartige Einsichten in neuartige, exotische Materialien geben könnten.
Gründung von Qnami als wichtiger Meilenstein
Die im Quantum Sensing Lab von Patrick Maletinsky entwickelte Technologie ist nicht nur für ihn selbst und seine Forschungsgruppe von grosser Bedeutung. Weltweit gibt es andere Forschende und Unternehmen, die mithilfe der Quantensensorik Magnete auf der Nanoskala untersuchen und abbilden möchten. Daher gründete Patrick zusammen mit dem ehemaligen Basler Postdoc Mathieu Munsch vor mehr als fünf Jahren das Startup «Qnami».
Qnami hat eine Quantenplattform für die magnetische Materialanalyse in Nanometerauflösung entwickelt und mit dem «ProteusQ» das erste komplette Quantenmikroskopsystem, das Diamantdefektzentren nutzt, auf den Markt gebracht. Mit dem Gerät können Anwenderinnen und Anwender in der Halbeliterindustrie beispielsweise Fehlstellen in Schaltkreisen auf der Nanoskala detailgenau lokalisieren und untersuchen.
In der ersten Zeit der Firmengründung war Patrick auch in operationelle Aktivitäten von Qnami involviert. Heute gehören zum Qnami-Team Spezialistinnen und Spezialisten verschiedener Fachrichtungen und sein Engagement hat sich auf Beratungen fokussiert. «Zum einen stehe ich bei Kundenanfragen zu Anwendungen zur Verfügung, zum anderen berate ich das Qnami-Team, wenn es um die Ausweitung des technischen Portfolios und um die Etablierung von Kontakten geht,» berichtet Patrick.
Für ihn ist diese Kombination aus mehrheitlich akademischer Forschung und einem überschaubaren Engagement bei Qnami eine optimale Balance, wie er erzählt. Beide Aspekte dieser Arbeit sind für ihn motivierend: zum einen Dingen auf den Grund zu gehen und frei zu forschen, zum anderen aber auch Ergebnisse anzuwenden und Kunden glücklich zu machen.
Bestätigung der Forschung
Dazu passt sein zukünftiges Engagement für das Nano-Argovia-Programm perfekt und bietet eine spannende neue Herausforderung für ihn. «Angewandte Forschung ist eine mögliche Bestätigung der Grundlagenforschung», kommentiert er. «Ich habe diesen wichtigen Teil des SNI bisher eher von aussen und über die Nano-Tech Apéros kennengelernt und freue mich tiefer einzusteigen, neue Firmen kennenzulernen und mein Netzwerk zu erweitern», ergänzt er.
Wertvolle Ressource
Der Zugang zu einem interdisziplinären Netzwerk ist einer der Faktoren, den Patrick am SNI besonders schätzt. «Ich war von Beginn an SNI-Mitglied, da ich immer mindestens ein PhD School-Projekt betreuen konnte. Die mit der Mitgliedschaft verbundenen SNI-Veranstaltungen haben das Knüpfen von Kontakten mit Kolleginnen und Kollegen nicht nur von der Universität Basel, sondern auch von der Fachhochschule Nordwestschweiz und dem Paul Scherrer Institut vereinfacht und unterstützt.»
Daneben lobt Patrick den Service des Nano Imaging Lab, den er vor allem in den letzten Jahren vermehrt genutzt hat sowie die exzellent ausgebildeten Nano-Studierenden. «Die Studierenden sind eine wichtige Ressource für meine Gruppe und es waren immer Topleute, die ihre Projekt-, Master- oder Doktorarbeiten bei mir gemacht haben», bemerkt er.
Konkrete Ideen, wie man das SNI noch stärker aufstellen könnte, will er entwickeln, sobald er sich tiefer in die Materie eingearbeitet hat. Aus seiner bisherigen Sicht eines Mitglieds und Principle Investigators ist das SNI gut aufgestellt, effizient, transparent und gut geführt. So wird er sich dann also in den nächsten Monaten in die neuen Aufgaben einarbeiten nach vielen Jahren der Mitgliedschaft das SNI aus einer anderen Perspektive kennen lernen.
Weitere Informationen:
Quantum Sensing Lab
https://quantum-sensing.physik.unibas.ch/en/
Qnami
https://qnami.ch/